07.08.2020

Das Kapitalmarktumfeld im Juli

wirtschaftliche Erholung, steigende Infektionszahlen

Die wirtschaftliche Erholung in China, Europa und den USA setzte sich im Juli fort. China vermeldete sogar bereits für das 2. Quartal ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von 11,5%, wenngleich die Einzelhandelsumsätze auch im Juni noch unter dem Niveau des Vorjahres lagen. In den USA und in Deutschland konnten sich die Auftragseingänge und die Industrieproduktion im Mai zwar deutlich erholen, liegen allerdings ebenfalls noch weit unter den Ständen der Vorjahre.

Überraschend positiv wurden zuletzt global viele Einkaufsmanagerindizes sowohl für das Verarbeitende Gewerbe als auch für die Dienstleistungen vermeldet. Überwiegend notieren diese mittlerweile wieder oberhalb der Marke von 50, die eine wirtschaftliche Expansion in den kommenden Monaten anzeigt. Entsprechend stiegen auch der ifo-Geschäftsklimaindex in Deutschland sowie der ISM-Einkaufsmanagerindex in den USA erneut deutlich an. Erholen konnte sich zudem das GfK-Konsumklima in Deutschland, wobei sich die Senkung der Mehrwertsteuer direkt positiv auswirkte. Darauf ist auch die im Juli noch einmal gesunkene Inflationsrate in Deutschland von nur noch -0,1% zurückzuführen. Das Verbrauchervertrauen in den USA hingegen erholte sich bisher nur leicht und blieb von zwar sinkenden aber noch immer hohen Arbeitslosenzahlen gedämpft.

In vielen Schwellenländern stiegen die Corona-Infektionen weiter dynamisch an, was angesichts einer anzunehmenden relativ hohen Dunkelziffer zu entsprechend negativen wirtschaftlichen Auswirkungen führen dürfte. Generell bleibt die Infektionslage der derzeit wichtigste Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung. In den USA gab es angesichts teilweise stark steigender Neuinfektionen und entsprechenden Shutdown-Maßnahmen Anzeichen für eine Unterbrechung des Aufholpfades. Erschwerend kommt hinzu, dass dringend notwendige Beschlüsse des US-Kongresses zur Neuauflage des Ende Juli ausgelaufenen Konjunkturpaketes aufgrund einer bisher nicht erfolgten Einigung zwischen Republikanern und Demokraten nicht rechtzeitig getroffen werden konnten.

Auf der letzten Ratssitzung der Europäischen Zentralbank EZB wurde erneut betont, dass die bisher implementierten Maßnahmen bis mindestens zum Erreichen des Inflationsziels von nahe aber unter 2 Prozent bestehen bleiben. Die Staats- und Regierungschefs der EU einigten sich Ende Juli auf die Modalitäten des EU-Wiederaufbaufonds mit einem Volumen in Höhe von 750 Mrd. Euro, dessen Auszahlungen allerdings noch von der Zustimmung aller Parlamente der Mitgliedstaaten abhängen.

Zinsen: noch tiefer

Entsprechend der expansiven Ausrichtung der EZB gaben die Zinsen für deutsche Bundesanleihen über alle Laufzeiten hinweg nach und liegen auch bei 30 Jahren Laufzeit wieder im negativen Bereich. Eine 10-jährige Bundesanleihe rentierte Ende Juli bei -0,52 Prozent p.a. Auch die Rendite für eine US-Staatsanleihe sank bei 10 Jahren Restlaufzeit auf nur noch 0,55 Prozent p.a. Zudem gaben Risikoprämien für Unternehmensanleihen und Staatsanleihen der südlichen Eurozone erneut nach.

Aktien: uneinheitlich

Während der deutsche Leitindex DAX den Monat Juli nach anfänglich größeren Kursgewinnen kaum verändert beendete, konnte der US-Index S&P 500 gut 5 Prozent zulegen. Noch deutlicher stiegen die Notierungen des Technologieindex NASDAQ 100, erneut angetrieben durch die größten gelisteten Aktien von Microsoft, Apple und Amazon, die teilweise erheblich von den Entwicklungen während der Coronakrise profitieren konnten. Die bisherige Berichtssaison der Unternehmen zum 2. Quartal brachte überwiegend positive Überraschungen im Vergleich zu offensichtlich zu stark gesenkten Analystenprognosen mit sich. Auch chinesische Aktienindizes hatten im Zuge verbesserter volkswirtschaftlicher Daten deutliche Kursgewinne zu verzeichnen.

Währungen: Euro deutlich fester

Steigende Corona-Infektionszahlen in den USA und die Einigung auf den EU-Wiederaufbaufonds ließen den Euro im Vergleich zum US-Dollar stark aufwerten. Die Gemeinschaftswährung stieg von gut 1,12 auf knapp 1,18 EUR/USD an. Auch der Schweizer Franken gab gegenüber dem Euro auf 1,075 EUR/CHF nach.

Rohstoffe: Rohöl seitwärts, Gold auf Allzeithoch

Der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent notierte Ende Juli kaum verändert bei knapp 43 US-Dollar. Demgegenüber stieg der Goldkurs von 1.770 auf 1.970 US-Dollar und damit auf ein neues Allzeithoch. In diesem Zuge zog der Silberpreis sogar noch stärker um insgesamt knapp 30 Prozent innerhalb eines Monats auf 24,75 US-Dollar an.

Implikationen für Anleger

Trotz zuletzt wieder steigender Unsicherheiten angesichts zunehmender Infektionszahlen in den USA und in Europa sowie einer teilweise unübersichtlichen Lage in vielen Schwellenländern bleibt die wirtschaftliche Entwicklung global auf dem Erholungspfad. Sollten sich keine neuen Corona-Infektionswellen in größerem Ausmaß mit resultierenden flächendeckenden Shutdown-Maßnahmen ergeben, wird sich die Wirtschaft auch in den kommenden Monaten vom Schock im Frühjahr erholen. Fraglich ist jedoch nach wie vor, wie schnell die Erholung vonstattengeht. Bspw. zeichnet sich in den USA ab, dass der Abbau der heftig gestiegenen Arbeitslosenzahlen derzeit nur noch langsam vorankommt, womit dem US-Konsum mittelfristig ein wichtiges Standbein fehlen würde. Es ist daher davon auszugehen, dass die seit Anfang Juni bestehende schwankungsreiche Seitwärtsbewegung bei vielen Aktienindizes vorerst anhalten wird, ohne dass neue Allzeithöchststände erreicht werden können. Die Zinsen bleiben so oder so extrem tief und unterstützen grundsätzlich die Nachfrage nach allen Realanlagen, v.a. Edelmetallen.

Carsten Mumm

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Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt bei DONNER & REUSCHEL, fasst regelmäßig die Markt- und Meinungslage für Sie zusammen.

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