Wochenrückblick am Kapitalmarkt
9. Februar 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Wochenrückblick Kapitalmarkt – Februar 2024
Sowohl der IWF als auch die OECD haben kürzlich ihre aktualisierten globalen Wachstumsprognosen veröffentlicht. Dabei wurde die Erwartung an das Weltwirtschaftswachstum jeweils leicht nach oben revidiert. Mit insgesamt rund 3 Prozent im laufenden Jahr 2024 fällt es aber weiterhin im historischen Kontext schwach aus. Wachstumstreiber bleibt die Region Südostasien, vor allem Indien und Indonesien sowie mit Abstrichen China.
Die Prognosen für die USA wurden nach oben revidiert. Erwartet wird zwar weiterhin eine wirtschaftliche Abkühlung im Vergleich zum Vorjahr, allerdings dürfte das Wachstum mit gut 2 Prozent 2024 nur leicht geringer ausfallen als in 2023. Aktuell befindet sich die US-Konjunktur in einer sehr robusten Verfassung, wie die jüngsten Veröffentlichungen der ISM-Einkaufsmanagerindizes untermauerten. Sowohl im Dienstleistungsbereich als auch in der Industrie stieg die Unternehmensstimmung deutlich an. Mit steigenden Beschäftigungsaussichten und zunehmenden Auftragseingängen gingen allerdings auch erneut steigende Preiserwartungen einher. Unter anderem bewirkt die weiterhin sehr gute Auslastung am Arbeitsmarkt – mit einer Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent und 317.000 neu geschaffenen Stellen im Segment der privaten Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft im Januar – erneut einen stärkeren Anstieg der durchschnittlichen Stundenlöhne. Damit besteht aus heutiger Sicht noch keine Veranlassung für die US-Notenbank Fed, die Leitzinsen zu senken. Allerdings dürften die deutlich erhöhten Zinsniveaus über gestiegene Kreditkonditionen sowie die anhaltende Krise im Segment der gewerblichen Immobilienfinanzierungen mit teilweise erheblichen Belastungen des US-Regionalbankensektors künftig für eine leichte konjunkturelle Abkühlung sorgen und der Fed im Sommer erste Leitzinssenkungen ermöglichen.
„Wachstumserwartungen für die Eurozone vom IWF […] nach unten revidiert. Schlusslicht bleibt vorerst Deutschland“
Demgegenüber wurden die Wachstumserwartungen für die Eurozone vom IWF auf nur noch knapp 1 Prozent in 2024 nach unten revidiert. Schlusslicht bleibt vorerst Deutschland mit einem prognostizierten Wachstum von 0,3 bis 0,5 Prozent. Im ersten Quartal dürfte zunächst eine Schrumpfung der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung erfolgen, vor allem aufgrund eines immer offensichtlicheren Auftragsmangels bei vielen Dienstleistern und Industrieunternehmen. Zwar wurde für Dezember ein überraschend deutlicher Anstieg der Auftragseingänge für die Industrie um 8,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat bekannt gegeben, allerdings fußt dieser vor allem auf wenige Großaufträge im Segment Flugzeugbau. Ohne diesen Sondereffekt fielen die Aufträge um 2,2 Prozent. Eine leichte Besserung dürfte in den kommenden Monaten durch die erwartete leichte Belebung der Konjunktur in wichtigen europäischen Exportabnehmerstaaten sowie die hohe Dynamik in Asien erfolgen. Zudem haben zuletzt viele Unternehmen aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Nachfrageschwäche ihre Lager deutlich abgebaut und dürften diese in der Erwartung einer künftigen wirtschaftlichen Dynamisierung wieder stärker auffüllen.
Trotz dieser leichten zyklischen Erholung wird Deutschlands Wirtschaft aber weiterhin durch diverse strukturelle Wachstumsbremser, wie hohe Energiepreise und Lohnnebenkosten, den Arbeits- und Fachkräftemangel sowie eine langwierige Bürokratie zurückgehalten. Ein aktueller Beleg dafür ist eine kürzlich veröffentlichte Studie der OECD, nach der es selbst für sehr gut ausgebildete ausländische Fachkräfte sehr schwierig ist, in Deutschland beruflich Fuß zu fassen. Neben regulatorischen Hürden, werden zudem sprachliche Hürden und eine vielfach nicht vorhandene Willkommenskultur genannt, die einen stärkeren Zuzug verhindern. Offensichtlich können also Politik, Unternehmen und Gesellschaft allesamt etwas unternehmen.
Zudem sollte die beabsichtigte und sinnvolle Reduzierung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten Deutschlands gegenüber China mit Bedacht erfolgen. Eine Ausarbeitung der Bundesbank zeigt, dass bei bestimmten Produktkategorien wie Seltenen Erden, Laptops oder Solarpanels ein außerordentlich hoher Anteil der deutschen Importe aus China stammen und China gleichzeitig einen Anteil an der Weltproduktion von teilweise bis zu 90 Prozent hat. Eine abrupte Abkopplung von China hätte daher massiv negative Auswirkungen auf die Wachstumsdynamik in Deutschland. Gemäß Kiel Institut für Weltwirtschaft könnte die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung sofort um bis zu 5 Prozent einbrechen. Bei einem sukzessiven Abbau von Abhängigkeiten könnte man diesen Effekt hingegen eingrenzen.
Die schwache konjunkturelle Situation dürfte allerdings den inflationären Druck in der Eurozone weiter absenken, so dass für die EZB die Wahrscheinlichkeit einer ersten Leitzinssenkung im April steigt.
Archive
Themenfelder
NEWSLETTER
News. Impulse. Perspektiven. Abonnieren Sie hier unseren Newsletter und verpassen Sie keine aktuellen Themen aus dem Finanzbereich und darüber hinaus
AnmeldenWeitere Beiträge:
Mumm Briefing zum Wochenausklang – Noch ist kein positiver Trend für die deutsche Wirtschaft eingeleitet
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, WochenrückblickExporte und Produktion sind im November in Deutschland überraschend stark angestiegen, fallen im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings noch immer mit 3,5 bzw. 2,8 Prozent deutlich schwächer aus. Mehr zu Zinspolitik, Inflation und der Lage am Kapitalmarkt erfahren Sie hier von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Jahresrückblick Kapitalmarkt 2024
Alle Themen, Asset Management, Kapitalmarkt-AnalyseDer DONNER & REUSCHEL Chefvolkswirt Carsten Mumm wirft einen Blick zurück auf den Kapitalmarkt 2024. Erfahren Sie mehr zu den Themen Konjunktur, Notenbanken, Aktien, Zinsen, Währungen und Rohstoffen.
Mumm Briefing zum Wochenausklang – EZB senkt Leitzinsen und sieht geringere Inflationsrisiken
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, WochenrückblickDie EZB ist trotz der heutigen Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf einem guten Pfad der Normalisierung ihrer Geldpolitik. Diese allein kann jedoch keine ausreichende Stimulierung der Wirtschaft erzeugen. Mehr zu Zinspolitik, Inflation und der Lage am Kapitalmarkt erfahren Sie hier von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Zinsentscheide der Notenbanken im Fokus
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, Mumm kompaktVor Weihnachten richtet sich der Blick an den internationalen Kapitalmärkten noch einmal auf die Notenbanken. In dieser Woche stehen Zinsentscheide der Schweizer Nationalbank, der Bank of Canada sowie der EZB auf der Agenda.
Interview mit Börsen Radio #8
Alle Themen, Börsen-Radio, Investmentwelten, Kapitalmarkt-AnalyseIst durch die Turbulenzen in Frankreich eine neue Eurokrise in Sicht? Diese Frage und auch wie er die jüngsten Höchststände des Bitcoins bewertet, beleuchtet Carsten Mumm im aktuellen Interview mit dem Börsen-Radio.
Politische Börsen im November
Alle Themen, Börsen-Monat, Kapitalmarkt-AnalyseDie US-Präsidentschaftswahl und das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland bestimmten im November die Schlagzeilen. Mehr zu den Auswirkungen auf die Kapitalmärkte, der Entwicklung von Zinsen, Aktien und Krypto-Anlagen und den Implikationen für Anleger von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Entwicklungen im deutschen Immobilienmarkt
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, Podcast, Podcast: Markt kompaktCarsten Mumm spricht mit Stefan Schneider über die aktuellen Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt, den Einfluss von Zinsen und Baukosten auf den Neubaubereich im Zusammenhang mit Wohnraummangel sowie über die Unterschiede für städtische und ländliche Lagen. Reinhören lohnt sich!
Stabilisierung der Wohnimmobilienpreise in Deutschland
Alle Themen, Asset Management, Kapitalmarkt-Analyse, Mumm kompaktGemäß vdp-Immobilienpreisindex und laut German Real Estate Index (GREIX) stiegen die Preise für Wohnimmobilien, trotz relativ geringer Transaktionen, im dritten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorquartal erneut an.
Ein nur vorübergehender Inflationsanstieg
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, Mumm kompaktDie Inflationsrate in Deutschland und der Eurozone ist im Dezember erwartungsgemäß angestiegen. Dadurch fiel der preisniveaudämpfende Effekt der Energiepreiskomponente nur noch gering aus. Zudem sorgt ein überdurchschnittlich starker Anstieg der Dienstleistungspreise sowie der schwache Euro für Inflationsdruck.
Mumm Briefing zum Wochenausklang – Noch ist kein positiver Trend für die deutsche Wirtschaft eingeleitet
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, WochenrückblickExporte und Produktion sind im November in Deutschland überraschend stark angestiegen, fallen im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings noch immer mit 3,5 bzw. 2,8 Prozent deutlich schwächer aus. Mehr zu Zinspolitik, Inflation und der Lage am Kapitalmarkt erfahren Sie hier von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Jahresrückblick Kapitalmarkt 2024
Alle Themen, Asset Management, Kapitalmarkt-AnalyseDer DONNER & REUSCHEL Chefvolkswirt Carsten Mumm wirft einen Blick zurück auf den Kapitalmarkt 2024. Erfahren Sie mehr zu den Themen Konjunktur, Notenbanken, Aktien, Zinsen, Währungen und Rohstoffen.
Mumm Briefing zum Wochenausklang – EZB senkt Leitzinsen und sieht geringere Inflationsrisiken
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, WochenrückblickDie EZB ist trotz der heutigen Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte auf einem guten Pfad der Normalisierung ihrer Geldpolitik. Diese allein kann jedoch keine ausreichende Stimulierung der Wirtschaft erzeugen. Mehr zu Zinspolitik, Inflation und der Lage am Kapitalmarkt erfahren Sie hier von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Zinsentscheide der Notenbanken im Fokus
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, Mumm kompaktVor Weihnachten richtet sich der Blick an den internationalen Kapitalmärkten noch einmal auf die Notenbanken. In dieser Woche stehen Zinsentscheide der Schweizer Nationalbank, der Bank of Canada sowie der EZB auf der Agenda.
Interview mit Börsen Radio #8
Alle Themen, Börsen-Radio, Investmentwelten, Kapitalmarkt-AnalyseIst durch die Turbulenzen in Frankreich eine neue Eurokrise in Sicht? Diese Frage und auch wie er die jüngsten Höchststände des Bitcoins bewertet, beleuchtet Carsten Mumm im aktuellen Interview mit dem Börsen-Radio.
Politische Börsen im November
Alle Themen, Börsen-Monat, Kapitalmarkt-AnalyseDie US-Präsidentschaftswahl und das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland bestimmten im November die Schlagzeilen. Mehr zu den Auswirkungen auf die Kapitalmärkte, der Entwicklung von Zinsen, Aktien und Krypto-Anlagen und den Implikationen für Anleger von unserem Chefvolkswirt Carsten Mumm.
Entwicklungen im deutschen Immobilienmarkt
Alle Themen, Kapitalmarkt-Analyse, Podcast, Podcast: Markt kompaktCarsten Mumm spricht mit Stefan Schneider über die aktuellen Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt, den Einfluss von Zinsen und Baukosten auf den Neubaubereich im Zusammenhang mit Wohnraummangel sowie über die Unterschiede für städtische und ländliche Lagen. Reinhören lohnt sich!
Stabilisierung der Wohnimmobilienpreise in Deutschland
Alle Themen, Asset Management, Kapitalmarkt-Analyse, Mumm kompaktGemäß vdp-Immobilienpreisindex und laut German Real Estate Index (GREIX) stiegen die Preise für Wohnimmobilien, trotz relativ geringer Transaktionen, im dritten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorquartal erneut an.